Four months in the Capital of Northern Scandinavia
Patric verbrachte ein Theoriesemester in Finnland
"Die fünfte Theoriephase meines dualen Studiums zum Wirtschaftsingenieur führte mich nicht wie gewohnt an die DHBW nach Horb, sondern an die University of Applied Science nach Oulu, Finnland. Direkt im Anschluss an meinen Auslandseinsatz bei Schmalz USA in Raleigh, North Carolina, reiste ich in die nördlichste Großstadt Europas: Oulu. Während meines dreitägigen Zwischenstopps in Deutschland musste ich meinen Koffer auf den Kopf stellen: In den USA herrschten im Schnitt 30°C – in Finnland erwarteten mich Temperaturen von anfangs 15°C bis hin zu -25°C.
Angekommen in Finnland, spürte ich direkt die Kulturunterschiede. In den USA sind die Menschen offen und reden sehr viel – in Finnland sind sie eher verschlossen und im Vergleich zu den USA wenig redsam. Bei anfangs noch herbstlichen Temperaturen und viel Sonnenschein fiel die nördliche Lage noch wenig ins Gewicht.
Gewohnt habe ich in einem Studentenwohnheim nahe der Universität mit 150 anderen Austauschstudenten. Hier war die meistgesprochene Sprache neben Englisch tatsächlich Deutsch. Jedes Mal, wenn ich bis jetzt Menschen aus anderen Ländern getroffen habe, bin ich verblüfft, wie viele davon Deutsch konnten – auch wenn es oftmals nur Bruchstücke waren.
Der Studienalltag bestand aus Vorlesungen, Präsentationen, Abgaben verschiedener Projektaufgaben und natürlich nicht zu vergessen: Studentenfeiern. Ich besuchte einige BWL-lastige Vorlesungen wie Entrepreneurship, Negotiation Skills oder Corporate Communications. Alle Vorlesungen wurden auf Englisch gehalten, was für das Verständnis der Inhalte allerdings kein Problem darstellte. Die Finnen, die ich kennengelernt habe, sprachen sehr gutes Englisch und haben eine klare Aussprache. Neben diesen Vorlesungen besuchte ich zusätzlich einen Finnisch-Kurs, um mich mit den Grundlagen der Sprache vertraut zu machen. So viel es mir nach kürzester Zeit wesentlich einfacher, sowohl das Gesprochene als auch das Gelesene besser zu verstehen. Dass finnisch eine sehr komplizierte Sprache sein kann, lässt sich einfach zeigen: Für die Frage „I wonder if I should run around aimlessly?“ gibt es im Finnischen genau ein Wort: „Juoksentelisinkohan?“
Neben dem Studium nutzte ich die Gelegenheit, den Norden Europas zu besichtigen. Es standen Reisen innerhalb von Finnland, Norwegen und Schweden auf meiner Liste. Unter anderem besuchte ich mit einer Gruppe anderer Studenten die Städte Helsinki und Stockholm. Zu meinen drei persönlichen Highlights zählten die Trips zu den Lofoten, nach Lappland und unser Campingausflug.
Die Lofoten sind eine Inselkette in Norwegen, mit einer traumhaft schönen Natur – das nordische Flair lässt einen hier nicht mehr los. In Lappland, einer Region im Norden Finnlands, wurde ich dann so richtig vom Winter eingeholt. Bei Temperaturen bei bis zu -10° und einem halben Meter Schnee versuchen die Behörden nicht mal mehr, die Straße frei zu räumen. Generell wird in Finnland kein Salz gestreut, lediglich eine Art feiner Kies, um den Gripp auf der Straße nicht zu verlieren. In Lappland standen Aktivitäten wie Snowmobil- und Hundeschlitten-Touren an. Nicht zu vergessen ist der Tagesausflug nach Bugøynes in Norwegen. Dort wärmten wir uns zuerst in der Sauna am Strand auf, dann kühlten wir uns im 2°C kalten Nordpolarmeer ab. Erstaunlich dabei war, dass sich der Körper nach drei Saunagängen bereits so akklimatisiert hatte, dass man die Kälte des Wassers erst nach knapp einer Minute wirklich spürte. Während des Campingtrips, welchen ich mit drei anderen Studenten verbrachte, bereisten wir drei verschiedene Nationalparks. Wir übernachteten in Sommerzelten und -schlafsäcken bei -10° Außentemperatur – ein hoch auf Alufolie! Vor allem im Norden, wo die Bevölkerungsdichte sehr gering ist, kann es durchaus passieren, dass kilometerweit keine Stadt oder gar ein Haus aufzufinden ist. In Lappland ist es sogar an manchen Stellen so, dass der nächste Doktor 50 km, das nächste Krankenhaus oder die Feuerwehr ganze 350 km entfernt sind – in Deutschland kaum vorstellbar.
Das Theoriesemester in Finnland war eine einzigartige Zeit, in welcher ich viele nette Leute und das internationale Studentenleben kennenlernen durfte. Die Erfahrungen und Erlebnisse werden unvergesslich bleiben und ich kann nur jedem nahe legen, den Norden Europas auch trotz Kälte zu besuchen.